Mythen über Achtsamkeit – was stimmt

Mythen über Achtsamkeit – was stimmt

Regelmäßig werde ich gefragt, warum ich meditiere, weshalb ich Achtsamkeit trainiere und was ich da genau mache. Wenn ich dann anfange zu erklären, bekomme ich schnell zu hören: „Ach, das ist nichts für mich, weil…“. Daher habe ich diesen Artikel den Mythen der Achtsamkeit gewidmet, was stimmt denn wirklich.

Achtsamkeit bedeutet, immer ruhig zu bleiben

Viele denken, Achtsamkeit führt automatisch zu mehr Ruhe, Entspannung und Gelassenheit. Tatsächlich geht es darum, alle Empfindungen bewusst wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten. Dazu gehören sowohl die positiven Empfindungen wie zum Beispiel Freude, Liebe, Dankbarkeit als auch die als negativ empfundenen wie Unruhe, Ärger, Traurigkeit, Angst oder Wut. Achtsamkeit ist keine Dauerentspannung, sondern eine bewusste Auseinandersetzung und Kontakt mit dem, was gerade da ist. Der positive Nebeneffekt der Achtsamkeit ist allerdings das Empfinden von Entspannung nach der Achtsamkeitspraxis.

Achtsamkeit ist gleich Meditation

Mediation ist ein weites Feld. Sie wird unterteilt in eine formelle und informelle Praxis. Eine formelle Meditation kann die Sitzmeditation auf den Atem sein, Yoga, Bodyscan oder auch Gehmeditation sein. Zur informellen Praxis gehören alle die achtsamen Momente des Alltags, wie essen, zuhören oder sich achtsam einer Tätigkeit widmen. Während der Meditation lernst und übst du, deinen Geist zu beruhigen und ihn zu beobachten, wie er funktioniert, welche Gewohnheitsmuster du hast. Dieses Erlernte oder Erfahrene kannst du dann wunderbar in deinem Alltag anwenden als informelle Praxis.

Achtsamkeit ist esoterisch

Die Wurzeln der Achtsamkeit liegen in der buddhistischen Tradition. Allerdings wird in den heutigen Achtsamkeitsprogrammen kein Buddhismus gelehrt. Viele Forschungen und Studien konnten inzwischen die Wirksamkeit von Achtsamkeit nachweisen. So wird Achtsamkeit frei von Religion für alle zugänglich und nützlich gemacht und inzwischen auch in Schulen, in Kliniken oder am Arbeitsplatz angewendet.

Achtsamkeit verlangt einen leeren Kopf

Wir denken jeden Tag ungefähr 6000 Gedanken. Viele Gedanken sind neu, einige wiederholen sich, manchmal hängt sich ein Gedanke in einer Art Dauerschleife auf. Sie kommen und gehen. Auch wenn wir uns wünschen würden, die Gedanken im Kopf einfach mal auszuschalten, ist das leider nicht möglich. Der Kopf ist eine wahre Gedankenproduktionsmaschine. Mit der Achtsamkeit lernst du, nicht sofort auf einen Gedanken zu reagieren oder eine gewohnheitsmäßige Reaktion einfach mal sein zu lassen und abzuwarten, was passiert. Achtsamkeit führt zu einer bewussteren Wahrnehmung, dadurch kann sich mehr Gelassenheit entwickeln.

Achtsamkeit passt nicht zu einem lebhaften Wesen

Achtsamkeit hat nichts mit Persönlichkeitstypen zu tun. Ob ruhig oder temperamentvoll, eine bewusste Präsenz ist für alle möglich. Achtsamkeit ermöglicht ein bewusstes Erleben mit allen Facetten, unabhängig von deinem Charakter, deinem Lebensstil oder deiner Art.

Für Achtsamkeit braucht es viel Zeit

Ja, ein wenig Zeit solltest du in die Achtsamkeit investieren und vielleicht ist zu Beginn ein wenig mehr Zeit-Invest nötig. Du entscheidest selbst, wie viel Zeit du dir dafür schenken möchtest. Eine regelmäßige Meditationspraxis von 10 Minuten am Tag wird sich schnell positiv auswirken. Zum Beispiel wird deine Konzentrationsfähigkeit zunehmen, sodass dir alltägliche Dinge schneller und leichter von der Hand gehen. Die investierte Meditationszeit bekommst du so an anderer Stelle wieder gutgeschrieben.

Du kannst die Achtsamkeit auch als Training deines Achtsamkeitsmuskels sehen, ähnlich wie ein Sporttraining. Auf einen Marathon müsstest du dich ja auch vorbereiten und dir dafür Zeit nehmen, oder? Genauso trainierst du deine Achtsamkeit, bis du daraus eine Gewohnheit entwickelt hast, und da reichen schon 10 Minuten am Tag aus.

Achtsamkeit bedeutet Rückzug von der Welt

Im Gegenteil: Achtsamkeit fördert Verbindung, zu sich selbst, zu anderen, zur Umgebung. Sie bringt Klarheit und Präsenz ins Leben, statt Abstand zu schaffen. Achtsamkeit lässt uns überlegter und besonnener handeln, das kann auf andere so wirken, als ob wir uns zurückziehen würden.

Auf der anderen Seite darf auf mal ein Rückzug sein. Ich persönlich gehe regelmäßig in ein Meditationsretreat. Dort meditiere ich in einem geschützten Rahmen mit Gleichgesinnten. Zu festgelegten Zeiten wird sowohl angeleitet als auch ohne Anleitung meditiert. So kann ich meine Praxis vertiefen. Nach einem Retreat fühle ich mich aufgeladen, innerlich gestärkt und kehre mit neuen Impulsen in meinen Alltag zurück.

Achtsamkeit ist ein alltagstauglicher Weg, bewusster zu leben, Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug. Regelmäßiges Üben ist allerdings eine grundsätzliche Voraussetzung, um die positiven Auswirkungen der Achtsamkeit im Leben zu erfahren. Wenn du Interesse an einem Achtsamkeitstraining hast, dann schaue doch mal beim MBSR-Verband nach, sicherlich wird ein Kurs auch in deiner Nähe angeboten.

Liebe Grüße, Birgit

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